„Es riecht nach Regionalliga“: Oberligist Rehden hat sich wiederbelebt
Es ist schon jetzt eine denkwürdige Spielzeit für den BSV Schwarz-Weiß Rehden. Mit neuem Sportvorstand und einem Trainer für spezielle Pokal-Erfolgsgeschichten feiert der Dorfverein derzeit eine für die Verantwortlichen fast „unheimliche“ Serie.
Rehden spielt schon jetzt eine denkwürdige Saison. Horst Vogler
Beinahe wäre Pep Guardiola in Rehden gelandet, in der kleinen Gemeinde im Landkreis Diepholz. Gut zwölf Jahre sind das jetzt her. Der damalige Viertligist BSV Schwarz-Weiß Rehden hatte das große Los gezogen: In der 1. Hauptrunde des DFB-Pokals kam der FC Bayern München nach Niedersachsen, gerade erst in London mit einem 2:1 gegen Borussia Dortmund Champions-League-Sieger geworden. „Das war das Größte überhaupt“, erinnert sich Friedrich Schilling, Präsident des Dorfvereins.
Es war Pep Guardiolas erstes Pflichtspiel mit den Bayern. Guardiola hatte im Juni 2013 das Amt von Jupp Heynckes übernommen. Aus organisatorischen und infrastrukturellen Gründen fand die Pokalbegegnung aber nicht auf den heimischen Waldsportstätten, sondern an der ausverkauften Bremer Brücke in Osnabrück statt, eine knappe Autostunde von Rehden entfernt. Das ganze Dorf war da, beim „Highlight der Vereinsgeschichte“, wie Schilling sagt. „Es war das Live-Spiel in der ARD, was uns einige 100.000 Euro extra einbrachte“, erzählt er weiter. Mit 0:5 schlugen sich die Amateure achtbar gegen den großen Gegner. Dreimal Thomas Müller sowie Arjen Robben und Xherdan Shaqiri erzielten die Tore.
Kompp ist zurück
Der Manager der Rehdener, die frisch in die Regionalliga aufgestiegen waren, hieß zu der Zeit Markus Kompp. Zwei Jahre nach dem historischen Ereignis gegen die Bayern im November 2015 verließ Kompp den Verein in Richtung Rostock. Normalerweise ist das nicht mehr als eine Fußnote, aber gut zehn Jahre später ist er wieder zurück in Rehden: als neuer Sportvorstand.
Der Kontakt zu BSV-Boss Friedrich Schilling ist über die Jahre nie abgerissen. In Rostock war Kompp unter anderem Vorstandsvorsitzender, bei seiner folgenden Station bei Waldhof Mannheim dann knapp acht Jahre Geschäftsführer. Nun kommt er von einem Dritt- zu einem Oberligisten, als Rückschritt sieht er dies jedoch nicht: „Ich war die letzten 13 bis 14 Jahre nur unterwegs. Jetzt möchte ich mich mehr um die Familie kümmern“, meint Kompp und fügt süffisant hinzu: „Die schönste Zeit hatte ich in Rehden.“
Kompp arbeitet sich noch ein. „Es ist etwas ungewohnt, alles selbst machen zu müssen.“ Ein Beispiel: „Man schaut, ob der Stadionsprecher Saft auf seiner Anlage hat“, erzählt der 42-Jährige. Von einem Zusammenhang wollen weder Kompp noch Schilling reden, aber die Bilanz des Ballsportvereins kann sich seit der Rückkehr des Fußballmanagers im Dezember 2024 sehen lassen. Wobei die Serie sogar schon früher begann: Genau genommen seit September letzten Jahres ist der BSV inzwischen ungeschlagen. 17 Spiele, neun Siege, acht Remis, 35 Punkte – einen längeren Erfolgslauf hat in der fünften Liga keiner vorzuweisen.
Diese Saison werden wir nie vergessen. Egal, wie sie am Ende ausgeht.
Kristian Arambasic, Trainer des BSV
„Wir sind auf einem guten Weg“, meint Schilling. Und setzt noch einen drauf: „Es riecht nach Regionalliga.“ Aber der Großunternehmer weiß, dass der Geruch auch schnell wieder verfliegen kann. Denn die Oberligasaison glich in den ersten Wochen eher einer Horrorshow. Obwohl gleichwertig, gingen die Spiele häufig kurios in der Nachspielzeit verloren. Vom ersten bis zum sechsten Spieltag zierte Rehden das Ende der Tabelle.
„Diese Saison werden wir nie vergessen. Egal, wie sie am Ende ausgeht“, meint deshalb Kristian Arambasic, seit drei Jahren Trainer des BSV Schwarz-Weiß Rehden. Nach dem Abstieg aus der Regionalliga 2023 hielt der Verein an ihm fest. Keine branchenübliche Reaktion, aber Vereinsboss Schilling vertraute Arambasic. Elf Jahre hatte der Dorfverein in der Regionalliga gespielt, eine bemerkenswerte Zeit. In der fünften Liga ist alles eine Nummer kleiner. Nicht so lukrativ, weniger attraktiv. Die Kaderplanung gestaltete sich schwierig, denn auch der Standort erwies sich als Nachteil. „Rehden liegt im Nichts“, beschreibt Arambasic das Problem. „Kein Spieler wollte für unseren Dorfverein in der Oberliga spielen“, so Schilling. „Da hat der Trainer mit seinen guten Kontakten nach Bremen geholfen.“
Umbruch im vergangenen Sommer
Arambasic war zuvor fünf Jahre Cheftrainer beim FC Oberneuland. Dass Rehden nun zwei Jahre nach dem Abstieg zu den Aufstiegskandidaten gehört, ist in erster Linie sein Verdienst. Im Sommer hatte es einen kompletten Umbruch gegeben. 18 neue Spieler kamen, Rehden hat mit 21 Spielern den kleinsten Kader der Liga – und mit den jüngsten. Anhand intensiver Videoanalysen zeigt Arambasic seiner Mannschaft seine Idee vom Fußball auf. „Da bin ich sehr akribisch. Gegen den Ball arbeiten wir sehr gut“, erzählt der Coach.
Er sieht sich als Fußballästhet. Bevorzugt das Kurzpassspiel. Sein Team agiert variabel, mal in einem 4-2-3-1-System, mal in einem 4-4-2. Mit oder ohne Raute. Auch wenn mit Alexis Weidenbach ein routinierter Verteidiger aus familiären Gründen in der Winterpause gegangen ist, zählt Rehdens Defensive zu den besten der Liga. Bocar Djumo, ein gelernter Mittelstürmer, wurde zum neuen Abwehrchef. Djumo stand einst sogar bei Inter Mailand unter Vertrag.
„Wir haben eine unglaubliche Stabilität“, sagt Arambasic. Von sechs Spielen im Jahr 2025 stand fünfmal hinten die Null. Wie die Mannschaft die Hypothek des katastrophalen Saisonstarts verarbeitet hat, ist auch für den erfahrenen Trainer kaum zu fassen. „Wir waren tot, komplett tot. Aber wir haben uns selbst wiederbelebt“, so der gebürtige Bremer.
Wir haben den Babysturm der Oberliga.
Kristian Arambasic
Ein Manko im Aufstiegsrennen könnte aber die fehlende Erfahrung im Angriff sein. Von den Teams im oberen Tabellendrittel hat Rehden die wenigsten Tore erzielt. „Wir haben den Babysturm der Oberliga. Durchschnittsalter 20,5″. Die Routine fehlt einfach noch. Aber das wird kommen“, ist sich Arambasic sicher.
Es ist das oft zitierte Momentum, das gerade für den rund 2.300-Seelen-Ort spricht. Anders als sein Präsident riecht der Trainer die Regionalliga nicht. Noch nicht. „Man darf träumen, aber ich bin Realist“, gibt er sich zurückhaltend. Aber die lange Erfolgsserie „ist unheimlich“. Und die Saison könnte zu einer für die Ewigkeit werden. Denn neben der Liga läuft es auch im Pokal. Der BSV Rehden steht im Halbfinale des Länderpokals, Gegner ist der VfV Hildesheim. Noch zwei Siege, und der BSV hätte sich zum fünften Mal für den DFB-Pokal qualifiziert.
Und da spricht tatsächlich einiges für die Rehdener. Denn kein Amateurfußballtrainer hat eine solche Pokalgeschichte wie Kristian Arambasic „Wenn ich im Endspiel stehe, gewinne ich das Ding“, sagt Arambasic augenzwinkernd. Das ist keine Hybris. Schließlich hat er bereits viermal das Finale im Landespokal erreicht – und es jedes Mal gewonnen. Heißt auch: Arambasic hat schon viermal mit einer Mannschaft in der 1. Hauptrunde des DFB-Pokal gestanden. Wenn das kein gutes Omen ist! Und wer weiß, vielleicht kommt dann Vincent Kompany mit dem FC Bayern nach Rehden.
Text: Eckhard Klein (KICKER)
Foto: Horst Vogler (BSV Rehden)